Digitalisierung des Gesundheitswesens schreitet voran: Politische Einigung für Europäischen Raum für Gesundheitsdaten – European Health Data Space (EHDS) – erzielt

Bereits im November 2023 haben unsere Mitarbeitenden Michael Löffler und Markus Kastelitz den von der Europäischen Kommission initiierten Verordnungsvorschlag eines Europäischen Gesundheitsdatenraumes (COM/2022/197 final) in einem Beitrag in der juristischen Fachzeitschrift Datenschutz konkret vorgestellt (Hier finden Sie den Beitrag zum Herunterladen). Nunmehr haben der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament in den sogenannten „Trilog-Verhandlungen“ eine vorläufige politische Einigung zum EHDS erzielt.

Kurz zusammengefasst handelt es sich beim EHDS um eine europaweite „ELGA 2.0“. Ziel ist es, eine Infrastruktur zu schaffen, die eine grenzüberschreitende Nutzung von digitalen Gesundheitsdaten ermöglicht. Dies soll u.a. eine bessere, ortsunabhängige Behandlung von Patient*innen („Primärnutzung“) ermöglichen und eine erweiterte Datennutzung auch in der (Gesundheits-)Forschung gewährleisten („Sekundärnutzung“).

Infografik: Elektronische Patientenakten, Gesundheitsdaten aus Apps und Medizinprodukten, Gesundheitsdaten in Registern Bessere Diagnose und Behandlung, erhöhte Patientensicherheit, Kontinuität der Versorgung und erhöhte Effzienz der Gesundheitsversorgung Befähigung der Einzelpersonen, Kontrolle über ihre Gesundheitsdaten zu übernehmen Ermöglichung des Zugangs zu relevanten Gesundheitsdaten für Angehörige der Gesundheitsberufe Unterstützung der politischen Entscheidungsträger und Regulierungsbehörden beim Zugang zu relevanten nicht identifizierbaren Gesundheitsdaten Erleichterung des Zugangs zu nicht identifizierbaren Gesundheitsdaten für Forschende und Innovatoren Bessere Gesundheitspolitik, mehr Möglichkeiten für Forschung und Innovation

CC By Lizenz https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Bildquelle: CC-BY 4.0 European Commission. Directorate General for Health and Food Safety., Europäischer Raum für Gesundheitsdaten, 2023

 

Die Eckpunkte der Einigung sind:

  • Opt-Out mit Ausnahmen
    Patient*innen sollen Angehörigen von Gesundheitsberufen den Zugriff auf ihre im EHDS gespeicherten Daten untersagen können. Ausgenommen sind Situationen von lebenswichtigem Interesse.Mitgliedstaaten soll es gestattet werden, Patient*innen eine Widerspruchsmöglichkeit gegen die Sekundärnutzung (etwa Bildung, Training von KI oder personalisierte Gesundheitsvorsorge) ihrer Gesundheitsdaten zu gewähren. Ausnahme: Die Daten werden für Zwecke des öffentlichen Interesses, die Politikgestaltung oder für Forschung bzw. statistische Zwecke benötigt (diese tendenziell weiten Ausnahmen des Opt-Out von der Sekundärdatennutzung werden bereits kritisiert: https://netzpolitik.org/2024/trilog-einigung-kein-effektiver-widerspruch-gegen-nutzung-von-gesundheitsdaten-durch-dritte/)
  • Strengere Voraussetzungen für Datennutzung für Forschungszwecke
    Für bestimmte Arten von Gesundheitsdaten (etwa genetische Daten) sollen Mitgliedstaaten strengere Voraussetzungen schaffen dürfen, unter denen Forschende auf diese zugreifen dürfen.
  • Informationspflichten
    Patient*innen sollen über jeden Zugriff auf ihre Daten informiert werden müssen.Stellen Forschende fest, dass für eine bestimmte Person ein gesundheitliches Risiko besteht, soll diese Person zusätzlich informiert werden, um optimal behandelt zu werden.
  • Verbote zum Schutz von Patient*innen
    Verboten soll es sein, Daten des EHDS für die Bewerbung von Versicherungen oder die Beurteilung von Anfragen nach Versicherungen zu verwenden. Ebenfalls verboten soll es sein, die Daten zur Arbeitsvermittlung, im Zuge der Kreditvergabe oder auf andere Weise diskriminierend zu verwenden.

 

Nächste Schritte:

Die erzielte Einigung muss nun vom Rat und vom Parlament noch offiziell angenommen werden, wobei der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (COREPER) dem Kompromisstext bereits zugestimmt hat; das Europäische Parlament soll Ende April über den EHDS-Vorschlag abstimmen. Wird eine finale Einigung erzielt, tritt die Verordnung 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft und wird in den kommenden Jahren etappenweise in Geltung treten.

 

Weitere Informationen:

Löffler/Kastelitz, Was ist der Europäische Raum für Gesundheitsdaten (EHDS)? Dako 2023/41.

Kompromiss-Text (dzt. nur in Englisch verfügbar: https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-7567-2024-INIT/en/pdf)

European Parliament, EU Health Data Space to support patients and research https://www.europarl.europa.eu/news/en/press-room/20240304IPR18765/eu-health-data-space-to-support-patients-and-research (aufgerufen am 19.03.2024).

Rat der Europäischen Union, Europäischer Raum für Gesundheitsdaten: Rat und Parlament erzielen Einigung – Consilium https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2024/03/15/european-health-data-space-council-and-parliament-strike-provisional-deal/ (aufgerufen am 19.03.2024).

Factsheet der Europäischen Kommission: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/FS_24_1347

Autoren

Markus Kastelitz
Markus KastelitzSenior Researcher und Senior Consultant im Research Institute – Digital Human Rights Center mit Spezialisierung im Datenschutz- und IT-Recht

Mag. Markus Kastelitz, LL.M. ist Jurist mit Postgraduate-Ausbildung im IT-Recht. Er verfügt über vielfältige Berufserfahrungen im In- und Ausland und ist seit 2017 als Senior Researcher und Senior Consultant im Research Institute – Digital Human Rights Center mit Spezialisierung im Datenschutz- und IT-Recht tätig.

 Michael Löffler
Michael LöfflerSenior Researcher

DI Michael Löffler ist Senior Researcher im Research Institute – Digital Human Rights Center. Er hat an der Technischen Universität Wien Medizinische Informatik und Wirtschaftsingenieurwesen Informatik studiert und studiert an der Universität Wien Rechtswissenschaften.

Wir bieten Consulting mit der gesamten Expertise unserer Forschung. Research Institute